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Anmoderation von Conny:
_ Wie habt ihr die WM 2006 erlebt, die ja allgemein als ein positiver Umschwung in der Selbstwahrnehmung der deutschen Gesellschaft empfunden und beschrieben wurde?
- Wie ist eure Einstellung und Einschätzung heute, 17 Jahre später bzgl. der im Titel geäußerten Hoffnung oder Skepsis?

Kommentare (14)

Conny • 21.06.2023
"Die Mannschaft" spiegelt den Frust und die Verunsicherung unserer Gesellschaft wieder. Man fragt sich, wann der Tiefpunkt überschritten ist. Das ehemalige Image ist jedenfall komplett demontiert. Bin mal gespannt, wie es weitergeht...
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Renking • 15.06.2023
Die Heim-WM 2006 ist die erste WM, an die ich mich erinnern kann. Und es ist großartig. Wir haben in der Schule Flaggen aller teilnehmenden Nationen gemahlt (ich habe damals die ukrainische gemalt) und an Girlanden im Schulhaus aufgehängt. Meine Eltern waren auch mit meinen Geschwistern und mir auf der Fanmeile (ich meine es war ein Kroatien-Spiel). Ein einmaliges Erlebnis für ein Kind.
Ich kann mich aber weniger an die einzelnen Spiele erinnern, als an die Stimmung im Land. Diese großartige Fußballstimmung, die überall zu spüren war. Es war einfach magisch.
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Conny • 14.06.2023
Mir ist folgendes in Erinnerung: in den 80-90ger Jahren waren ich und viele andere junge Deutsche im Ausland immer etwas zaghaft und darum bemüht, nicht aufzufallen. Sich als Deutsche zu outen war uncool. Übrigens meist nur in der Eigenwahrnehmung.
Ich habe 1988 mit der Schulklasse die EM in Italien miterlebt. Wir saßen zusammen mit den Italienern in der Bar und unsere Lehrer waren besorgt, wenn wir zu laut jubelten. Zum Glück, in ihren Augen, ging das Spiel 1:1 aus. Die Italiener kannten solche Zurückhaltung nicht. Lautstarkes Hupen und Fahne schwenken war selbstverständlich - doch für uns völlig fremd.
Das änderte sich erst 2006. ENDLICH auch mal fröhlich und ausgelassen feiern. DAS TAT GUT. Es gab einen positiven Boost für die sonst so verdruckste deutsche Seele.
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Mahdi • 17.06.2023
Also ich erinnere mich sehr gut an die WM 1990 und da hatten die Fans auch schon extrem ausgelassen gefeiert und überall waren Deutschlandfahnen zu sehen. Natürlich hat der WM Titel dazu beigetragen, aber ich denke nicht, dass die Deutschen in irgendeiner Form zurückhaltend waren, auch nicht in Italien.
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Conny • 14.06.2023
P.S. übrigens hieß das Sommermärchen deshalb so, weil wir in diesen 6 Wochen nur schönes Wetter hatten. Dies nur zur Erinnerung. Also 6 Wochen blauer Himmel und Wärme, die sogar die Brasilianer erstaunt ausrufen ließ "wir dachten, in Deutschland wäre immer schlechtes Wetter!", wurde damals als Glückfall, als Märchen empfunden.
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Grüne Flora • 16.06.2023
Ich glaube, es war eine Mischung von allem: das Wetter, die ausgelassene Freude der Fans, natürlich auch die Tatsache, dass die WM immer irgendwie „gleich um die Ecke“ war und nicht nur im Fernsehen, und irgendwie scheint es auch keine politischen Probleme gegeben zu haben. Jedenfalls erinnere mich an keine aus dieser Zeit.
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Conny • 16.06.2023
Gut, politische Probleme gab es schon, aber sie wurden als weit weg empfungen. Die Attentate des 9/11 2001 waren gerade erst passiert. Die Kontrollen - zumindest im Flugverkehr bei der Ein-und Ausreise wurden verschäft. Aber das Ausmaß von Kontrollen, die wir heutzutage innerhalb des Landes bei derartigen Großveranstaltungen nach den diversen LKW u.a. Terrorattacken in Europa haben müssen (Poller überall, Taschenkontrollen, dichte Security Präsenz), war damals bei mittelgroßen Public Viewing Veranstaltungen noch nicht vorhanden.
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Grüne Flora • 14.06.2023
Was die in der Überschrift des Artikel-Links gestellte Frage angeht, hoffe ich, dass es zu einem zweiten „Sommermärchen“ kommt. Wir könnten alle ein paar Wochen heiterer Stimmung gebrauchen.

Allerdings dürfte es schwierig sein, einfach den Sommer 2006 kopieren zu wollen.
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Renking • 15.06.2023
Ich denke, den Sommer 2006 zu kopieren wird schwierig und sollte auch nicht das Ziel sein.

Wir hatten ja im Prinzip auch schon ein zweites Sommermärchen nämlich 2014 als wir Weltmeister wurden. Aber das war anders als das erste.

Ich denke auch, ob nächstes Jahr ein Sommermärchen wird, hängt ganz vom Abschneiden der deutschen Mannschaft ab. Wenn wir wieder in der Gruppenphase rausfliegen, wird das auch nichts mit dem Sommermärchen.
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Marie Stüdemann • 14.06.2023
Ich habe die WM jede Minute genossen, auch wenn ich nicht der größte Fußball-Fan bin. Unser Land vier Wochen lang ganz locker in Schwarz-Rot-Gold zu sehen, hatte schon was. Genervt haben mich jedoch die ganzen erstaunten Kommentare deutscher Journalisten dazu. Dieses Staunen, dass die Deutschen auch locker können usw. Was haben diese Leute eigentlich für ein Bild von unserem Land, das ja auch ihr eigenes ist?
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Renking • 15.06.2023
https://www.spiegel.de/sport/fussball/internationale-reaktionen-auf-deutschland-als-weltmeister-a-980917.html

Auch international betrachtet man deutsche Fußballfans als wenig locker (und die Deutschen im Allgmeinen). Hier mal ein Teil der internationalen Stimmen nach dem WM-Sieg 2014.

Hier noch ein anderes Zitat dazu:

"Washington Post": "Als immer mehr Deutschland zu den Favoriten zählten, erfasste ein gewisser Optimismus eine notorisch skeptische Nation. Und das explodierte heute Nacht in etwas, was man sehr selten sieht seit dem Zweiten Weltkrieg: eine Welle deutschen Stolzes."
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Grüne Flora • 14.06.2023
Ich glaube, das Staunen der Journalisten über „die Deutschen“ hing auch viel mit dem Kontext Fußball zusammen. Bei den Fans dort gehören die Nationalfarben traditionell dazu, aber die Stimmung ist keineswegs immer so heiter und gelöst wie im „Sommermärchen“ 2006. Davor war es - ich habe es eben nochmal nachgelesen - nur acht Jahre her, dass deutsche Hooligans bei der WM in Frankreich den französischen Polizisten Daniel Nivel ins Koma getreten haben. Insofern finde ich die vor dem Turnier in Deutschland geäußerte Skepsis mehr als verständlich.
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Conny • 16.06.2023
Von diesem kriminellen Vorgang kann man doch nicht auf die Fans eines ganzen Landes rückschließen! Wird übrigens vom Ausland auch nicht gemacht. Machen wir anderesherum auch nicht, wenn in irgendeinem Land ein wüster Vorfall passiert.
Es ist einfach eine Tatsache - wie ich oben schilderte - dass Deutsche historisch bedingt, sehr verklemmt sind, was den Nationalstolz betrifft. Sowas galt lange als anrüchig. Vergleichen wir mal mit Argentinien: schlimmste Dinge wie Folter und Ermordungen (bis zu 30.000 Opfer) sind während der 7 jährigen Militärdiktatur passiert. Welche Auswirkungen hat das auf den Nationalstolz der Argentinier bei einer WM? Keine. Sie lieben ihre Heimat, nicht ihre Regimes. Und sie zeigen dies in einer Lockerheit, die uns fehlt, jedoch zwischen 2006-14 zur Freude aller etwas aufkeimte.
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