Anmoderation von Marie Stüdemann:
Ein sehr realistischer Blick auf den ersten Monat des Deutschlandtickets. Welche Erfahrungen habt Ihr damit gemacht? Wir haben ja schon mehrere Male über die Bahn und ihre Unzuverlässigkeit diskutiert. Hier geht es um den ÖPNV allgemein. Ist der für Euch eine Alternative zum Individualverkehr?

Kommentare (10)

Conny • 29.06.2023
Hallo Renking,
ich muss ehrlich gestehen, dass ich ein bisschen geschockt war von deiner Beschreibung, dass ihr 14 h mit euren Kindern per 50 Euro Ticket unterwegs wart... Ich habe mich gefragt, ob ich das auch auf mich nehmen würde oder lieber etwas mehr investieren für weniger Stress. Allerdings sind die Alternativen nicht soviel komfortabler beim näheren Hinsehen und auf jeden Fall viel teurer.
Ich weiss ja nicht von wo ihr genau losgefahren seid, aber selbst bei einer fiktiven Strecke Leipzig - Konstanz braucht man mit allen Verkehrsmitteln (Flugzeug ausgenommen) auch mindestens 9 h reine Fahrtzeit. Allerdings zahlt man über das Doppelte bzw. das Sechsfache.
(Flixbus) Hin/Rück = 240 Euro (9 h eine Strecke über Nacht)
(Fernzug DB) Hin/Rück = 606 Euro ohne Bahncard (9 h eine Strecke, 2x Umsteigen)
(Eigenes Auto) Hin/Rück = 220 Euro (7 h eine Strecke ohne Stau)

Unsere private Lösung für günstiges Reisen lautete in den vergangenen Jahren folgendermaßen: weniger weit wegfahren oder die Strecke selbst zur Reise machen, also in kleine Teile zerlegen und was auf dem Weg erleben. Zweiteres ist natürlich wesentlich leichter ohne Kinder.
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Conny • 27.06.2023
"ÖPNV allgemein: Ist der für Euch eine Alternative zum Individualverkehr?"
Momentan nicht. Mein Auto ist kaputt, ich fahre gerade Fahrrad. Heute wollte ich eine 30 km Strecke erleichtern bzw. zeitlich verküzen und den Zug nehmen. Alle Nachmittags-Züge waren jedoch spontan gestrichen. Nur die Rückfahrt hat geklappt. So funktioniert das mit dem Arbeiten nicht. Die Bahn disqualifiziert sich.
Auch von Urlaubsreisen mit der Bahn nehme ich momentan trotz einiger Überlegungen wieder Abstand, denn es wird schon wieder von Streik gemunkelt. Nein danke.
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Renking • 05.06.2023
Ich finde problematisch, dass pünktlich zum Start des Deutschlandtickets überall gebaut wird und man es so nicht wirklich nutzen kann.
Wir versuchen es trotzdem.
Am Wochenende fahren wir mit dem Zicket von Ostdeutschland bis zum Bodensee. Mal schauen, wie es wird...
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Marie Stüdemann • 06.06.2023
Dann wünsche ich Euch eine gute Reise! Nach allem, was ich bis jetzt gehört habe, läuft es mit dem diesjährigen Deutschlandticket zwar nicht ganz so chaotisch wie mit dem 9-Euro-Ticket letztes Jahr, aber auch nicht wirklich rund.
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Renking • 28.06.2023
Hier die versprochene Antwort.

Also wir sind zu viert mit 2 Kleinkindern unter 4 von Ostdeutschland zum Bodensee gefahren mit 5x umsteigen.
Bei 14h Fahrt, sind wir natürlich früh los und um 5 Uhr morgens ist die Bahn noch nicht voll. War also alles entspannt. Wir hatten dann so von 7 bis kurz nach 8 Aufenthalt in Leipzig, bevor es nach Nürnberg weiterging. Gott sei Dank sind wir schon 20 Minuten vor Abfahrt zum Zug gegangen, denn der Zug war schon ab Leipzig fast komplett voll. An dem Wochenende wo in Nürnberg Kirchentag ist, auf einer ohnehin schon vielbefahrenen Strecke wie Leipzig-Nürnberg einen einstöckigen Zug mit 2 kleinen Wagen und insgesamt 3 Türen zu schicken, schafft auch nur die Bahn. Der Fahrrad/Kinderwagenbereich war schon ab Leipzig voll, so dass die Schaffnerin die ganze Strecke keinen mehr mit Fahrrad einsteigen lassen konnte und auch bei Passagieren ohne Gepäck oder Rad nur noch die reingefallen hat, die länger mit dem Zug fahren wollten und alle anderen gebeten hat, den nächsten Zug zu nehmen. Ab Nürnberg hatten die Züge dann keine Steckdosen und kein funktionierendes WLAN mehr, denn im "Bahnland Bayern" scheint sowas unwichtig zu sein. Außerdem waren weder der Zug Nürnberg-Augsburg noch der Zug Augsburg-Lindau barrierefrei. Ist natürlich optimal, wenn man mit Kinderwagen und Gepäck unterwegs ist... Von Lindau nach Friedrichshafen war es dann immerhin wieder barrierefrei, aber immernoch keine Steckdosen (auch nicht in der ersten Klasse). Das letzte Stück mit dem Bus ab Friedrichshafen war auch entspannt (Außer, dass der Bahnhof in Friedrichshafen nicht barrierefrei ist und wir das Zwug alles die Treppe runtertragen mussten). Mal abgesehen von kleinen Ärgerlichkeiten wie nicht barrierefreien Zügen/Bahnhöfen, zu kleinen Zügen und fehlenden Steckdosen, lief die Hinfahrt aber unproblematisch. Keine Verspätungen oder sonstiges und die Kinder haben auch fantastisch mitgemacht.

Die Rückfahrt lief dann etwas anders. Die Busfahrt nach Friedrichshafen frühs um kurz vor 7 war wieder entspannt. In Friedrichshafen dann das ganze Zeug dir Treppe hochgetragen und dann stehen wir oben am Bahnsteig und der Zug kommt nicht und hat immer mehr Verspätung (als der Zug ankam waren es 25 Minuten). Kurz vor Friedrichshafen war ein Zug liegen geblieben, so dass die Strecke nur einseitig befahrbar war. Außerdem haben ab 20 Minuten Verspätung andere Züge Vorrang, so dass die Verspätung immer mehr wurde. Auch während der Fahrt. Als dann klar war, dass wir unseren Anschluss-Zug in Stuttgart nicht schaffen würden, haben wir eine Alternativverbindung rausgesucht. Kurz bevor wir dann ausgestiegen sind, wurde angesagt, dass der Uug auch garnicht mehr bis Stuttgart fährt. Statt 4x unsteigen mussten wir jetzt also 5x umsteigen, dafür kannten wir die anderen Bahnhöfe schon von unserer Bahntour im letzten Jahr (die war aber teilweise mit ICE). Der Rest der Strecke lief wieder weitestgehend problemlos, außer das auf der Strecke Nürnberg-Leipzig der Zugw inder recht klein war (obwohl deutlich größer als auf dem Hinweg).

Alles in allem stellen sich mir nach der Reise folgende Fragen:
Wie kann es sein, dass im Jahr 2023 immernoch Bahnhöfe nicht barrierefrei sind? (Es muss ja nicht jeder Bahnhof Fahrstuhl haben. Rampen tun es ja auch)
Wie kann es sein, dass im Jahr 2023 immernoch Züge nicht barrierefrei sind? (Ist es so schwer bei der Kopllung der Wagen einen barriefreien Wagen ranzukoppeln?
Warum gibt es in so vielen Zügen nichtmal in der ersten Klasse Steckdosen?
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Conny • 28.06.2023
Super, danke Renking, für das Teilen deiner Erfahrungen. Ich finde eigentlich das Konzept Rad/Bahn von der Idee her optimal. Aber es funktioniert überhaupt nicht in Urlaubszeiten.
Kommen die ganzen Reisenden noch obendrauf, wird es auch schwierig für die normalen Pendler, die nun mal auf dieses Konzept angewiesen sind.
Das Bahnsystem und alles was damit zusammenhängt ist ziemlich marode. Insofern bin ich etwas skeptisch, was Besserung betrifft.
Kürzlich sagte mir ein Ingenieur der Bahn, dass der Ausbau von Infrastruktur u.a. daran scheitert, dass es keine Bauzeichner auf dem Markt mehr gibt. !
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Hans Falkenau • 04.06.2023
Der Artikel passt wunderbar zur gesamten Performance dessen, was wir Energiewende und Mobilitätswende nennen. Verantwortliche – bzw. eigentlich unverantwortliche – Politiker zerschlagen mutwillig die bewerten Technologien, ohne dass die als Alternativen gedachten Technologien funktionieren würden oder die bewerten Technologien könnten.

In diesem Fall wird wieder einmal offensichtlich, dass der ÖPNV längst nicht in der Lage ist, ein Ersatz für das Auto zu sein.
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Marie Stüdemann • 04.06.2023
Hier noch ein Auszug aus dem Artikel:

„Selten gab es derart viele Gründe, jedes andere Verkehrsmittel zu nutzen – nur keines des öffentlichen Nahverkehrs (ÖPNV).
Beispiele gefällig? Rappelvolle S-Bahnen, U-Bahnen und Regios – schon in den frühen Morgenstunden. Die Lautstärke ist dementsprechend: Es wird geplaudert, laut Musik gehört und gerne so telefoniert, dass es drumherum alle mitbekommen. Drei Fahrräder mit bepackten Satteltaschen? Gehen auch noch rein. Kinderwagen? Na klar. Gepäck? Die Koffer müssen alle mit. Manche Regionalverbindung fällt gleich komplett aus – oder Haltestellen werden temporär nicht bedient. Und dabei geht die Hauptreisezeit gerade erst los.“
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