Als Außenstehendem ist mir die israelische Innenpolitik immer ein Rätsel. Immerhin werden die Präsidenten und Ministerpräsidenten des Landes nicht nur gewählt, sondern auch abgewählt - was dafür spricht, dass die Gewaltenteilung funktioniert. Anders als in vielen Ländern drumherum, wo entweder (wie in Syrien und Ägypten) jahrzehntelang die gleichen Herrscher an der Macht sind, oder (wie im Libanon) ein Staat kaum noch existiert.

In der Tat funktioniert die Demokratie in Israel noch einigermaßen, im Gegensatz zu den umliegenden Staaten.
Auch die Gewaltenteilung funktioniert noch und damit das so bleibt, gehen die Leute auf die Strasse.
Ein beträchtlicher Teil der isr. Gesellschaft hat die Nase voll von Netanjahu, nur gibt es einen ebenso beträchtlichen Teil, die ihm immernoch die Treue hält und dank ihnen die Wahl gewonnen hat.
Eines der Probleme in der Knesset, dem isr. Parlament ist, dass dort zu viele kleine Parteien sitzen, nicht zuletzt wegen der 3,25% Hürde, die in die Regierungsbildung miteinbezogen werden müssen. Diese nutzen dies für ihre Zwecke und stellen dreiste Forderungen (wie die Verdreifachung der Gelder für Orthodoxe, die idR nicht Arbeiten gehen und keinen nennenswerten Beitrag zur Gesellschaft leisten.)
Das hat zur Folge, dass die Interessen von Minderheiten begünstigt werden, während das Leben für die breite Bevölkerung, von sekularen Juden bis zu den Palästinensern im Westjordanland, immer teurer, schwieriger und unerträglicher wird.
Es ist neben dem ohnehin schon komplizierten Konflikt zwischen Israel und den Arabern ein weiters Pulverfass, das explodieren kann.

Die extrem Rechte Regierung in Israel betreibt ein Spiel mit dem Feuer.
Ein Premierminister, gegen den mehrere Verfahren wegen Korruption laufen, vorbestrafte Minister, orthodoxe Parteien, die Netanjahu erpressen und das dreifache an Geld für die Orthodoxen fordern, ganz zu schweigen was diese Regierung für die Palästinenser bedeutet.
Daher ist es wenig verwunderlich, dass Tausende gegen diese Regierung demonstrieren.
Noch sind sie friedlich, aber die sekulare Mehrheit ist nicht mehr gewillt, diesen Zustand -dass eine Minderheit (Orthodoxe) auf Kosten der Mehrheit lebt und noch dazu korrupte Politiker die Demokratie aushöhlen - länger hinzunehmen.

Das einzig Positive könnte sein, dass die sekulare Mehrheit sich mit der palästinensischen Bevölkerung, die 20% innerhalb Israels ausmacht, solidarisiert.

Vielen Dank für Ihre Sichtweise. Davon sieht man in den deutschen Medien ja nicht so viel.

Hallo Mahdi, Sie scheinen eine Nähe zum Thema Israel / Naher Osten zu haben. Vielleicht mögen Sie in Ihrem Bekanntenkreis ein wenig für tagating werben, damit wir mehr Stimmen zu diesem Thema bekommen?