Anmoderation von Marie Stüdemann:
Was haltet Ihr von der Eskalation am Roten Meer? Macht Ihr Euch Sorgen, dass daraus ein größerer Krieg entstehen kann?
Ich finde, dass Annalena Baerbock hier einen guten Job macht. Da sie an anderer Stelle ja ständig kritisiert wird, sollte man das ruhig auch mal erwähnen.
Inwiefern? Könntest du das bitte näher ausführen?
Mir ist nicht bewußt, dass Deutschland irgendeine Rolle in diesen aktiv geführten Konflikten spielt...
@ Mahdi und Conny: Im Grunde habt Ihr beide recht. Ich habe vor Monaten den Publizisten Henryk Broder interviewt. Der sagte, angesichts der zum Teil extrem banalen Probleme, über die in deutschen Medien diskutiert wird, muß Deutschland (gerade auch im Vergleich zu anderen Ländern) ein glückliches Land sein.
Das Ding dabei ist - und das zeigen die gegenwärtigen Proteste -, daß Deutschland natürlich jede Menge Probleme hat, die jedoch jahrelang verdrängt wurden und nun mit großer Wucht hochkommen.
Vielleicht noch ein Zusatz zu unseren deutschen bzw. europäischen Problemen: sie sind natürlich nicht unmittelbar lebensbedrohlich, aber alles andere als banal. Die Frage der Ressourcen- und Energiegewinnung, die Frage der Ernährungssicherheit und die Frage der inneren Sicherheit verbunden mit der Migrationsproblematik, die uns aktuell umtreiben, sind die Quellen der momentan laufenden und der zukünftigen Konflikte.
Da ich im Norden Israels lebe und in den vergangenen Monaten teils ununterbrochen Hubschrauber, Flugzeuge und Drohnen höre, etliche Raketenalarme und sogar mehrere Raketeneinschläge in der Nähe und abgefangene Raketen, die in der Luft explodierten erlebt habe, sind für mich solche Nachrichten schon fast so etwas wie Randnotitzen.
In Deutschland sind z.Z scheinbar die Bauernproteste und eine mögliche rechte Unterwanderung (jetzt sind sogar schon die Bauern rechtsradikal) die größte Sorge.
Ganz ehrlich, ich kann seit langer Zeit über die Probleme in Deutschland nur noch müde schmunzeln.
Durch eine mögliche Eskalation und daraus folgenden Flächenbrand wird allerdings so einigen Deutschen doch mal bewusst, dass es noch wesentlich schlimmer kommen kann, als der Dilettantismus der Bundesregierung.
Klar schlimmer ist's irgendwo immer - dein Realität ist von anderen, momentan gravierenderen Dingen bestimmt als unsere hier in Deutschland.
Ganz pragmatisch gesprochen denke ich, dass es nicht möglich und auch nicht gesund ist, allen Konflikten gleichermaßen Raum in der eigenen Psyche zu gewähren. Da würde man verrückt. Die eigenen Probleme/Konflikte, die man direkt um sich hat und die man günstigstenfalls auch selbst beeinflussen kann über die internationalen zu priorisieren, halte ich nicht unbedingt für Verdrängung, sondern für eine Überlebensstrategie.
Als die Hamas am 7. Oktober Israel überfiel, hatte ich die Befürchtung, dass dies der Auftakt zu einem großen Krieg sein könnte. Denn hinter der Hamas steckt der Iran und der wiederum ist ein enger Verbündeter der Russen. Da zugleich die Amerikaner der wichtigste Bündnispartner der Israelis sind, war meine Befürchtung, dass hier ein regelrechter Flächenbrand entsteht - und danach sieht es jetzt immer mehr aus.
Wir scheinen in der Tat am Rande eines großen Konflikts zu stehen. Bislang versuchen Rußland und die USA gleichermaßen, ihre Verbündeten im Nahen Osten zur Mäßigung aufzurufen. Wie lange ihnen das gelingt, weiß niemand. Leider bietet das jetzige Szenario den Akteuren vor Ort die Möglichkeit, an die Chance zu glauben, einen Vorteil erlangen zu können, weil die Großmächte in der Ukraine involviert sind. Das ist jetzt sehr vereinfacht ausgedrückt, weil die Langfassung zu komplex ist.
Was haltet Ihr von der Eskalation am Roten Meer? Macht Ihr Euch Sorgen, dass daraus ein größerer Krieg entstehen kann?