Anmoderation von Conny:
Wie stark fühlt ihr euch von Staatsstreichen seitens der "Reichsbürger" bedroht?
Welche Gefahr empfindet ihr als stärkste Bedrohung für unsere staatliche Grundordnung und unsere Gesellschaft?

Kommentare (7)

Grüne Flora • 23.05.2023
Neben der Frage, wie man "Bedrohung" definiert, stellt sich auch die Frage, wie man "Reichsbürger" definiert. Wenn ich an die Rechten denke, die mir bisher begegnet sind, tut man vermutlich niemandem ein Unrecht, wenn man ihnen unterstellt, dass sich alle von ihnen das Deutsche Reich zurückwünschen. Unterschiede konnte ich nur bei der Frage feststellen, ob in den Grenzen von 1914, 1937 oder 1942 (habe ich allen Ernstes gehört). Deshalb sollte man meiner Meinung nach nicht im engeren Sinne davon sprechen, wie gefährlich "Reichsbürger" sind, sondern wie gefährlich rechter Terror ist.

Hier ein paar Fälle aus den letzten Jahren:

- Am 17. Oktober 2015 verübt der Rechtsextremist Frank S. eine Messerattacke auf die Kölner Politikerin und OB-Kandidatin Henriette Reker.

- Bei einer Hausdurchsuchung erschießt der „Reichsbürger“ Wolfgang Plan in Georgensgmünd am 19. Oktober 2016 einen Polizisten und verletzt drei weitere schwer.

- Am 9. Oktober 2019 versucht der Rechtsextremist Stephan Balliet mit selbstgebauten Schusswaffen und Sprengsätzen in Halle eine Synagoge zu stürmen. Als er nicht hinein kommt, erschießt er eine Passantin, stürmt in einen Dönerimbiss und erschießt einen Gast.

Weitere Fälle findet Ihr im Netz.

Der rechte Terror ist real und alles andere als harmlos.
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Conny • 23.05.2023
Hallo Grüne Flora, jetzt bin ich aber doch neugierig geworden: du sprichst von Rechten, denen du begegnet bist, die sich möglicherweise das deutsche Reich zurück wünschten. Nur um mal ein konkretes Bild zu bekommen, wo du die triffst: gehst du auf Aufmärsche oder in Veranstaltungen oder wie triffst du die?
Ich meine das jetzt ganz unironisch und wirklich mit ernsthaftem Interesse. Ich habe lange nachgedacht und es ist mir nur eine einzige Person eingefallen, die ich jemals gesprochen habe, die vermutlich rechtsradikale Ansichten vertrat. Ob das nur großmäuliges Geschwätz war oder wirkliche Lebenseinstellung kann ich nicht sagen. Die Person kam nicht von diesem Kontinent.
Angesichts der allseits und überall gesichteten Nazis (zumindest der Bezeichnung nach...) von denen Deutschland so voll ist, wundert es mich, dass ich noch niemals einem über den Weg gelaufen bin und auch niemand aus meinem Bekanntenkreis habe, der jemanden mit rechtsradikalen Ansichten kennt.
P.S.
ich bezweifle nicht, dass es diese Leute gibt. Es geht mir eher um die Dimensionen.
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René Nehring • 23.05.2023
Die Frage ist natürlich, wie man "Bedrohung" definiert. Ich glaube nicht, dass irgendjemand in den Strafverfolgungsbehörden die "Reichsbürger"-Verschwörer für eine Kraft hält, die in der Lage wäre, die staatliche Ordnung umzustürzen. Ich möchte in diesem Zusammenhang an den Kapp-Putsch von 1920 erinnern, als die Republik noch ganz jung war und der gesamte Staatsapparat von Beamten getragen wurde, die im Kaiserreich sozialisiert worden waren. Dennoch scheiterten die Putschisten binnen kurzer Zeit, weil ihnen die demokratische Legitimation fehlte. Der heutige Staat sollte weitaus gefestigter sein.

Allerdings kann ein zu erwartender Misserfolg nicht bedeuten, dass der Staat alle etwaigen Putschisten einfach gewähren lässt. Wir dürfen nicht vergessen, daß 2019 der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke erschossen wurde.
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Marcus Izac • 23.05.2023
Ganz ehrlich? Gar nicht. Sie haben keinerlei kulturelle, politische oder mediale Macht.

Im Gegenteil, nach dem vorgeblich vereitelten „Umsturz“ durch ein paar Rentner macht man sich damit nur noch lächerlich. Heute muss, im Gegensatz zu einigen Jahrzehnten zuvor, schon mehr passieren, um einen Umsturz herbeizuführen. Das macht auch die Darstellungen um Ereignisse wie das Capitol und den Reichstag so lächerlich.
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Conny • 23.05.2023
Hi Marcus, schön dass du wieder kommentierst! Ich sehe es auch so, dass Umstürze keine Sache sind, die von Amateuren gemacht werden können. Dazu braucht es, wenn man die Geschichte betrachtet, das Militär. Ich hoffe, dass unsere staatlichen Institutionen und ihre Sicherheitssystem nicht schon so verlottert sind, dass amateurhafte Versuche auch nur die geringste Chance hätten. Allein der Vorschlag, dass sowas möglicherweise Erfolg haben könnte, wirft ein äußerst schlechtes Licht auf den Staat bzw. macht ihn lächerlich, wie du schon sagtest.

Kleine Annekdote dazu: gestern hat ein Klimakleber versucht, mit dem Presslufthammer einen Schriftzug vor dem Bundesverfassungsgericht zu zerstören. Innerhalb von Sekunden war er überwältigt. Seit den 70ger Jahren (RAF Anschläge) ist dieses Gebäude eines der heftigst bewachten Orte in Deutschland. Wenn man da als Spaziergänger zu nahe kommt, springen gleich Bewaffnete aus den Büschen. Also, wenn man will, funktioniert das mit der Sicherheit schon.
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Marie Stüdemann • 23.05.2023
Gute Frage, Conny.

Ich kann mir noch immer keinen Reim auf die Reichsbürger machen. Harmlos scheinen sie nicht zu sein. Immerhin hat es schon Schüsse auf Polizisten gegeben. Allerdings weiß ich nicht, ob daraus eine echte Umsturzgefahr gelesen werden kann.

Real bedroht fühle ich mich eher vom islamistischen Terrorismus. Auch wenn es in der letzten Zeit bei uns etwas ruhiger geworden ist, habe ich immer Angst, dass an öffentlichen Plätzen eine Bombe hochgeht oder es wieder einmal zu Messerattacken kommt.
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Conny • 23.05.2023
Ich fühle mich von der Spaltung der Gesellschaft und das bewusste Ausspielen der einzelnen Gruppen gegeneinander bedroht. Angst habe ich von der Erschütterung unserer Grundordnung.
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