Debatte

Politik
Anmoderation von Mahdi:
Auch wenn es auf tagating extrem ruhig geworden ist, nehme ich mal diesen Artikel zum Anlass für eine Debatte, in der Hoffnung, dass es mehr als ein Dialog zwischen Conny und mir wird. ;)
Als Anstoß möchte ich mal die These setzen, dass ein gespaltenes Land ein schwaches und anfälliges Land ist.

Kommentare (7)

Mahdi • 18.06.2024
Ich will noch mal ein paar Sätze zu dem Wahlergebnis los werden.
Spaltung zwischen Ost und West ist ein Trugschluß.
Wie Conny und Rene richtig festgestellt haben, verläuft die Trennlinie nicht zwischen Ost und West (wie die Deutschlandkarte in schwarz und blau irrigerweise suggerieren möchte). Die Trennlinie verläuft mitten durch die Gesellschaft und ein Blick auf die Prozentpunkte der Parteien in den verschiedenen Bundesländern beweist das. Wie Rene schon schrieb, hat die AfD auch überall im Westen hohe Prozentpunkte.
Die Städte mit Wahlerfolgen für Grüne sind allesamt Universitätsstädte mit vielen jungen Menschen die man einem "gewissen Klientel" zuordnen kann, aber auch mit einem recht großen Anteil an gehobener Mittelschicht, die nicht selten in ihrer Jugend grüne und linke Aktivisten waren ("lifestyle Linke" wie Wagenknecht sie bezeichnet).
Das Wahlergebnis zeigt nicht die Trennung zwischen Ost und West, es zeigt die enorme Trennung zwischen den Gesellschaftsgruppen. Die Medien jedoch verschließen die Augen vor der unangenehmen Realität und wollen uns teilweise sogar noch suggerieren der Westen wählt demokratisch, der "Ossi" wählt undemokratisch. (Sorry für diese Bezeichnung, aber ich hab es bewusst so ausgedrückt, weil dies doch unterschwellig mitschwingt. Die Menschen im Westen haben "echte" Demokratie nicht verstanden).
Noch ein Satz zu dem AfD Wahlerfolg unter jungen Wählern:
Überrascht mich überhaupt nicht, denn das sind Leute, die in der Schule als Deutsche ohne Migrationshintergrund die Minderheit waren, während Migrantenkinder aus muslimischen Ländern die Mehrheit waren. Wenn diese Kinder ähnliche Erfahrungen gemacht haben, wie ich vor 17 Jahren als Aushilfslehrer, dann wundert mich das Wahlverhalten überhaupt nicht.
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Mahdi • 18.06.2024
Ups, Fehler unterlaufen! Natürlich hat der Wähler im OSTEN echte Demokratie nicht verstanden! ;)
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René Nehring • 16.06.2024
@Conny und Mahdi: Komme leider jetzt erst dazu, Euch zu antworten.

Zu dem Vorwurf, die hohen Stimmanteile der AfD in den Ostbundesländern würden eine Undankbarkeit der Ossis darstellen, könnte ich ein ganzes Buch schreiben. Hier aber nur ein paar wenige Punkte:

1. Die AfD ist überhaupt keine Ossi-Partei. Sie wurde 23 Jahre (!) nach der Einheit von Leuten aus der alten Bundesrepublik gegründet, hat dann jedoch schnell im Osten der Republik überdurchschnittlich starke Erfolge erzielt.

2. hat Wählerbeschimpfung selten den gewünschten Effekt erzielt. Insofern können derartige Behauptungen schnell dazu führen, daß die AfD aus Protest gegen derartig arrogante Aussagen weitere Stimmenzuwächse erfährt.

3. hat die AfD fast überall im Westen ebenfalls zweistellige Wahlergebnisse erzielt. In absoluten Zahlen ist sie damit in Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen sogar von mehr Bürgern gewählt worden als in Brandenburg, Sachsen oder Thüringen.

4. lenkt die Wählerbeschimpfung von der Frage ab, warum die Menschen überhaupt AfD wählen. Harald Martenstein hat dazu - mit Blick auf die SPD - heute bei „welt.de“ geschrieben, daß nicht die Wähler die SPD im Stich gelassen haben, sondern die SPD ihre einstigen Wähler. Das ist der Kern der ganzen Sache. Aber es ist natürlich einfacher, die Wähler und den politischen Gegner zu beschimpfen als die Schuld bei sich selbst zu suchen.
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Hans Falkenau • 17.06.2024
Wichtige Punkte, René! Das erspart mir in diesem Fall eine eigene Antwort.
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Conny • 18.06.2024
Schade diese "Einsparung" -- es ist interessant auch ähnliche Statements in anderem Wortlaut zu erfahren. Es würde der Debatten Plattform guttun.
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Conny • 11.06.2024
Also, mal eine direkte Frage an René: "Wo bleibt die Dankbarkeit der Ostdeutschen?" heißt es laut Artikel angesichts der Wahlergebnisse in den sozialen Netzwerken --- wie reagierst du darauf als Ostdeutscher?

Meine Familie und ich fühlen uns nicht von den Ostdeutschen abgespalten oder entfremdet, denn unsere halbe Verwandschaftsgeschichte liegt dort. Die Spaltunglinie verläuft an den unter den Tisch gekehrten Brennpunktthemen unserer Zeit. Tabuisierung und Diskreditierung sind die Keile.
Das hat Herr Ramelow anscheinend immer noch nicht verstanden, wenn er hofft: ... "Landtagswahlen sind Personalwahlen. Und alle Personalwahlen sind für die AfD nicht gut ausgegangen."

Zu Mahdis These: Ja, sehe ich auch so.
Das aktive Betreiben der Spaltung und das Reagieren darauf frisst Zeit, Nerven und Ressourcen. Wichtige Themen gehen unter. Deprimierte Menschen können sie schlechter lösen.
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Mahdi • 11.06.2024
Ich schreibe auch gleich mal den ersten Kommentar.
In dem Artikel wird hauptsächlich auf die Wahlerfolge der AfD in den Ostbundesländern geschaut. Jedoch wird einiges dabei außer Acht gelassen. Zum Beispiel ist das Bündnis Sarah Wagenknecht in fast allen ostdeutschen Bundesländern weit über 5%, teilweise über 15%. Das zeigt, dass die Ostdeutschen nicht wirklich "rechts" wählen und es somit kein "Rechtsradikalen Problem" im Osten gibt (die haben wir auch in einigen Westdeutschen Gebieten), sondern ich sehe es vielmehr als ein Abwenden, von den anderen Parteien, insbesondere SPD und Grüne.
Die Wahlerfolge der CDU im gesamten Westen sind wohl der Unzufriedenheit mit der Regierung geschuldet, es kann aber auch u.a. mit der Wahlbeteiligung zu tun haben, denn ich vermute, dass einige unter 50, die nicht die CDU wählen würden, gar nicht wählen gegangen sind. Desweiteren handelt es sich um die Europawahl, und die repräsentiert nur bedingt das Wahlverhalten für den Bundestag.

Jedoch will ich noch einen ganz anderen Punkt machen, denn ich denke, dass Deutschland (wie viele andere Länder) enorm gespalten ist. Und eine gespaltene Gesellschaft ist schwach und anfällig, das musste Israel im Oktober 2023 auf schockierende Weise erleben.
Zwar ist Deutschland nicht mit Israel vergleichbar, aber das Attentat auf Michael Stüzenberger und die Reaktionen darauf zeigen, dass ein sehr ernstes Problem (Islamismus) teils verzerrt und teils totgeschwiegen wird und die Gesellschaft auch diesbezüglich sehr gespalten ist und manche regelrecht realitätsfremd.
Doch genau diese Realitätsverweigerung von Politikern und gesellschaftlichen Kreisen bewirkt nicht nur die weitere Spaltung, sondern auch einen sogenannten "Rechtsruck", den ich noch nicht einmal als Rechtsruck (im Sinne von Rechtsradikal) bezeichnen würde. Denn es werden Menschen als rechts bezeichnet, wo es geradezu absurd ist.

Wie seht ihr dass? Habt ihr andere Erklärungen für das Wahlergebnis und die Spaltung in der Gesellschaft?
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