Anmoderation von Hans Falkenau:
Hier eine positiv gestimmte Einschätzung der Lage der deutschen Wirtschaft, die zugleich daran erinnert, dass sich die großen Herausforderungen unserer Zeit "weder mit moralisierender Besserwisserei noch mit sozialistischen Rationierungsplanspielen erreichen lassen, sondern am ehesten mit einer auf Innovation und Technologieoffenheit beruhenden marktwirtschaftlichen Strategie". Was meint Ihr? Wie schätzt Ihr die Lage der deutschen Wirtschaft nach zwei Jahren Corona und einem Jahr Ukrainekrieg ein? Und brauchen wir eher mehr Staat zur Lösung der Probleme oder weniger? Parallel dazu starte ich auch eine Umfrage.

Kommentare (8)

Mahdi • 23.02.2023
Da der Artikel hinter einer Bezahlschranke ist (und für die FAZ zahle ich ganz sicher nicht), habe ich ihn nicht gelesen, daher kann ich nix zu dem Artikel sagen.
Doch wenn ich das Zitat aus der Anmoderation lese, dann ist das das typische neoliberale Geschwafel. Allerdings habe ich den Eindruck, dass einige hier auch so denken.

Ich finde es viel zu egoistisch und kurzsichtig immer nur auf die eigene Wirtschaft zu blicken und die restliche Welt nur als Abnehmermarkt oder Lieferant von billigen Rohstoffen zu sehen.

Die Frage mehr oder weniger Staat kann man so einfach nicht beantworten, denn gerade in den vergangenen Jahren hat der Staat viel zu sehr in die persönlichen Belange der Bürger eingegriffen.
Was die Wirtschaft betrifft, sieht es anders aus, denn der Staat entpuppt sich nur als Marionette der Lobbyisten und damit der Wirtschaft und des Kapitals. Entgegen des neoliberalen Denkens führt ein freier Markt ohne Regulierungen seitens des Staates nicht zu mehr Wohlstand aller, sondern nur Einzelner. Ein immer größerer Teil der Gesellschaft rutscht aus der Mittelschicht raus, doch da es den meisten noch gut genug geht, wird es hingenommen.
Wenn alles der Profitmaximierung untergeordnet wird, dann führt das zwangsläufig zur Ausbeutung unserer endlichen Rohstoffe und eines Großteils der Menschen und je weiter man aus Deutschland und Europa weg geht, umso schlimmer sind die katastrophalen Folgen dieses Wirtschaftens sichtbar, wo Menschen in extremer Armut und Sklaverei leben.
Jeder, der nicht nur zum Strandurlaub in ein exotisches Land fährt, sondern einmal in einem Slum war und sich mit den Menschen unterhalten hat, der weiß, wie die Realität von millionen, gar milliarden von Menschen aussieht und das liegt nicht an "sozialistischer Miswirtschaft" sondern sind allzuoft die Folgen eines unregulierten Marktes, der Politiker korrumpiert, Rohstoffe und Menschen ausbeutet und obszön reiche Leute noch reicher macht.
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Hans Falkenau • 23.02.2023
Hallo Mahdi, als ich den Artikel gepostet habe, war er noch nicht hinter einer Bezahlschranke. Ich habe ebenfalls kein FAZ-Abo und hätte ihn somit auch nicht lesen können. Tut mir leid!

Du wirfst eine Reihe interessanter Argumente in den Raum. Ich muss gestehen, dass ich zwar schon etwas in der Welt herum gekommen bin, und auch nicht nur an den Sonnenstränden herumgehangen habe, aber noch nie in einem Slum war. Die Ursachen für die Armut in der Welt sind sicherlich sehr verschieden. Ein Problem ist, dass viele – vor allem rohstoffreiche – Entwicklungsländer von den reichen Ländern des globalen Nordens und dort beheimateten internationalen Konzernen regelrecht ausgeplündert wurden. Andererseits ist es schon so, dass diejenigen Länder, in denen es sozialistische Experimente gab, in der Regel schlechter dastehen. Das schlimmste Beispiel dafür ist Venezuela, das auf den größten Erdölreserven der Welt sitzt – und wo doch im Alltag Treibstoffmangel herrscht.
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Marcus Izac • 24.02.2023
Wieder etwas länger geworden, sorry…

Naja, die Argumente sind ja keineswegs neu. Die Schlagrichtung „Ausbeute“ und „Neo-Kolonialismus“ hört man immer mal wieder.

Häufig wird der Fakt genannt, dass sich unter den aktuellen Wirtschaftssystemen die Lebensbedingungen aller enorm verbessert haben. Selbst die ärmsten leben unter besseren Bedingungen als die Wohlhabenden vor 100+ Jahren.

Ich denke allerdings, dass sich das ganze Gefüge nur verschoben hat. Die Elendsviertel gibt es nun nicht mehr in der eigenen Stadt, sondern in einem anderen Land. Neben der Wirtschaft hat sich also auch das Gesellschaftsgefüge globalisiert.

Dabei denke ich, dass sich die Probleme der Welt durchaus lösen ließen. Die Antwort liegt nur nicht im Sozialismus. Das es in anderen Ländern diese Elendsviertel und inakzeptable Arbeitsbedingungen gibt, liegt eben zum Teil auch daran, dass es die entsprechenden Länder zulassen. Diese Probleme lassen sich tatsächlich vor Allem politisch lösen, allerdings sind die Unternehmen über ihre Lobbies inzwischen wohl zu mächtig.

Zudem versuchen wir immer noch, den Ländern und Gesellschaften unsere Arbeits- und Lebensweise aufzudrücken. Dass das nicht fruchtet, und man die Länder eher inspirieren und ihr eigenes Ding machen lassen muss, zeigen die Jahrzehnte relativ erfolgloser Entwicklungshilfe (und die Erfahrungen eines Arbeitskollegen aus dem Kamerun). Sprich: „So machen wir das. Nehmt es, passt es für eure Bedürfnisse an. Macht es zu eurem Erfolg, nicht unserem.“

Der Markt selbst ist aber nicht komplett einflusslos. Keine Billigprodukte kaufen, nicht jedes Jahr ein neues Telefon, einen neuen Fernseher, ein neues Tablet oder einen neuen Computer kaufen. Eventuell auch die Angebote des Mobilfunkdienstleisters nicht annehmen, dann verschwinden die irgendwann von ganz allein.

Man kann Apple z.B. nicht verbieten, jedes Jahr ein neues Modell rauszuhauen, aber man kann es einfach nicht kaufen. Brechen die Absatzzahlen ein, wird man sich schon was überlegen. Die Preise kommen u.A. ja auch dadurch zustande, dass jedes Jahr der Entwicklungsaufwand für ein neues Gerät getrieben werden muss. Und das wird eben auch immer teurer.

Und das ist nur die oberflächliche Betrachtung. Apple selbst könnte auch einfach aus sich selbst heraus so verantwortlich handeln, wie sie vordergründig immer gerne propagieren.

Das ist bei der ganzen Diskussion um Klima und sozialer Gerechtigkeit aber irgendwie nie ein Thema.
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Mahdi • 25.02.2023
Zitat: "Häufig wird der Fakt genannt, dass sich unter den aktuellen Wirtschaftssystemen die Lebensbedingungen aller enorm verbessert haben. Selbst die ärmsten leben unter besseren Bedingungen als die Wohlhabenden vor 100+ Jahren."

Das ist kein Fakt, sondern eine falsche Behauptung.
Die Lebensbedingungen haben sich im Allgemeinen verbessert, ja. Aber die Ärmsten leben in absolut erbärmlichen Umständen, ohne jede Chance, aus ihrem Elend raus zu kommen.
Ich habe es selbst mit eigenen Augen schon sehen müssen, habe Menschen in Slums kennen gelernt, die von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang hart arbeiten, nur um zu überleben. Habe junge Frauen und Mädchen gesehen, die in Zwangsprostitution gehalten und täglich vergewaltigt werden. Für solche Menschen sind die Lebensbedingungen ganz und gar nicht besser, als für die Wohlhabenden vor 100 Jahren.

Und was das Kaufverhalten der Bürger betrifft: Wenn man kaum genug Geld hat, um seine Lebenskosten zu decken, dann hat man nicht die Freiheit "keine Billigprodukte zu kaufen".
Will jetzt nicht zu allen Punkten Stellung nehmen, das würde zu weit gehen.
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Grüne Flora • 22.02.2023
Auch wenn ich mich bei einigen hier vielleicht wieder unbeliebt mache, möchte ich doch meine Meinung kundtun. Ich halte staatliche Lenkung in manchen Bereichen für absolut erforderlich. Lassen wir mal den Kampf gegen den Klimawandel beiseite, weil ich das Gefühl habe, dass ich mit einigen der hier Diskutierenden eh auf keinen gemeinsamen Nenner komme.

Aber durch staatliche Vorgaben und Anreize sind in den vergangenen Jahrzehnten zahlreiche Verbesserungen unseres Lebensstandards erreicht worden, die niemand verleugnen kann. Zum Beispiel saubere Autoabgase, Energiesparmaßnahmen bei Wohnhäusern oder auch gesündere Lebensmittel. Das alles wäre nicht mit den "Kräften des Marktes", auf die Konservative und Liberale immer schwören, erreicht worden.
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Mahdi • 23.02.2023
Sehe ich auch so, dass durch staatliche Vorgaben und Anreize so manche Sachen sich positiv entwickelt haben. Der Markt hätte sich da nie zum Wohle aller und der Umwelt selbst reguliert.

Doch solange man nur auf sich selbst und seinen eigenen Wohlstand schaut, sieht man nicht ein, warum der Staat in die Wirtschaft eingreifen soll und ggf. Maßnahmen ergreift, die den Profit begrenzen. Vielleicht träumen sie weiterhin davon, dass der "trickel down effect" auch bei ihnen was ankommen lässt und solange das auch bei genügend noch passiert, glauben sie an die freie Marktwirtschaft.
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Marcus Izac • 23.02.2023
Naja, zum Lesen (und hoffentlich Nachvollziehen) anderer Sichtweisen sind wir ja eigentlich hier. Ich könnte nun wieder seitenweise drüber schreiben, woran es beim Verstehen (oder Nachvollziehen) vermutlich häufig scheitert. Aber ich muss das hier nicht länger machen als es vermutlich ohnehin schon wird ;)

Ich stehe da etwas zwischen den Stühlen. Gerade bei den Autoabgasen könnte man durchaus die Meinung vertreten, dass die geforderten Grenzwerte an Schwachsinn grenzen. So ist der neue CO2 Grenzwert wohl nahe des natürlichen Grundrauschens und schon weit unterhalb jedweder aktuell als bedenklich geltenden Schwelle. Dennoch denke ich auch, dass ein geringerer Schadstoffausstoß anderen Zielen beim Motorendesign zuwiderläuft, also ohne Einfluss von Außen kein Fokus der Hersteller wäre.

Die aktuellen Einschränkungen, mit denen man die Landwirte überzieht sind ebenso hoch diskussionswürdig und die Herleitung der Grenzwerte nicht wirklich nachvollziehbar. Und das während einer Nahrungsmittelkrise...

Aber zurück zu den Autos: Auf der anderen Seite sind viele Leute an einem sparsamen Auto interessiert. Die wirklich leistungsstarken Autos sind im Verhältnis ja eher ein Nischenprodukt. Das hätte also in der Tat der Markt regeln können.

Wo ich die Politik eher sähe wären Anreize für Forschung sowie die Ansiedlung von Unternehmen zukunftsträchtiger Branchen und attraktive Arbeits- und Lebensbedingungen für qualifizierte Arbeitnehmer. Gerade im Bereich neuer Formen der Energiegewinnung.

All das sehe ich gerade nicht als gegeben. Zu viel Bürokratie, zu viele Abgaben (sowohl für die Wirtschaft als auch für Privatpersonen), zu viele Vorschriften. Man muss sich nicht wundern, dass die meisten Entwicklungen, die unser Leben beeinflussen eben nicht aus Deutschland kommen.
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Grüne Flora • 23.02.2023
@Marcus Izac
Ich finde Deine Bemerkung gut, dass wir "zum Lesen (und hoffentlich Nachvollziehen) anderer Sichtweisen" hier sind. Das sehe ich auch so. Wenngleich manche Diskussion auch schon grenzwertig war.
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