Anmoderation von Conny:
Ich bin bei der Suche nach einem Artikel zufällig auf dieses 13 Jahre alte Dokument gestoßen, was ich gerne als Aufhänger für eine Diskussion nehmen möchte. Nicht über den Kommunismus, sondern
1) in Übertragung auf heute, über die grundsätzliche Problematik einer Heilslehre, die wie der Autor sagt, "Ein Missverständnis derer (war), denen die Transzendenz, das Unmögliche und Utopische von Berufs wegen näher ist als die Kunst des Möglichen, das auf Kompromisse bedachte Denken der politischen Berufe.
2) die zunehmende Schwierigkeit, seinen "Unglauben (Zweifel) an die große Sache zu offenbaren" - was im Falle des Autors gefährlich war, heutzutage keine Bedrohung des Lebens, aber der sozialen Existenz und Akzeptanz mit sich ziehen kann.
3) Ich nehme dazu den Titel des Artikels als Aufhänger: "An ihren Worten sollt ihr sie erkennen". Ich finde die zunehmende Tendenz, seine private Meinung/Einstellung/Gesinnung auf der Zunge tragen zu müssen, in höchstem Maße bedrängend. Ich spreche hier z.B. vom wachsenden Zwang des "richtigen" wordings, wenn es um das Thema Geschlechter geht.

Kommentare (10)

Hans Falkenau • 21.04.2023
@Mahdi:

Volle Zustimmung! Außer, dass mir gerade der Gedanke gekommen ist, dass wir in Sachen Klima eher von einer Unheilslehre sprechen müssten, oder? Im Grunde wird ja hier nicht ein positives Heil verkündet, wie etwa beim christlichen Paradies, sondern mit Unheil gedroht, falls wir nicht dieses und jenes tun oder lassen.
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René Nehring • 21.04.2023
Ein interessanter Gedanke. Allerdings wird in beiden Fällen – Unheils- wie Heilslehre – ein Konformitätsdruck erzeugt.
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Mahdi • 21.04.2023
Der Text ist furchtbar in verschiedener Hinsicht, aber ich will mich jetzt nicht weiter darüber auslassen, denn es wurde ja nach etwas anderem gefragt.

Eine "Heilslehre" oder Utopie ist zunächst eine Theorie, eine These und muss nicht zwingend in der Gegenwart realistisch sein. Sie kann ein Ziel sein, dass angestrebt werden kann.
Als ein Freund der Dialektik denke ich, dass einer solchen Idee /Utopie eine Antithese gegenüber gestellt werden sollte (also z.B. wo die Utopie an der Realität scheitern würde), aus der dann die Synthese (z.B. ein realistisches Gesellschaftsmodell) entstehen kann.

In den vergangenen Jahren gab es mehrere "Heilslehren", die in Politik und Medien als unumstößlich hingestellt wurden und jeder, der nicht dieser Heilslehre folgte /folgt, wird öffentlich denunziert. Aus ethischen und geschichtlichen Gründen werden sie selbstverständlich nicht physisch getötet oder eingesperrt -Rufmord, der unter dem Deckmantel von Satire oder Wissenschaft geschieht, reicht vollkommen aus.

Die Entwicklung in Politik, Medien und der Gesellschaft sollte eigentlich jedem Sorge bereiten, denn es wird in einem Ausmaß den Menschen die "richtige Gesinnung" aufgezwängt, dass de Facto die Meinungsfreiheit enorm eingeschränkt ist.
Beispiel LGBTQ+: Es wird von jedem verlangt, sich dazu zu bekennen oder zumindest offen dafür zu sein. Wer bestimmte Aspekte (z.B. Transsexualität) ablehnt oder es mit Skepsis betrachtet, der wird als intolerant, ...-Phob, oder sonst etwas hingestellt, wobei die angeblich Toleranten ihre Intoleranz zur Schau stellen, ohne es zu merken.
Beim Thema Klimaveränderung sieht es nicht anders aus. Anstatt den Konsens bei den Tatsachen zunächst zu finden und dann bei allen weiteren Punkten die richtigen Lösungen zu finden, wird das Volk mit einem ganzen Paket von "Fakten" und Maßnahmen erschlagen, das jeder akzeptiern muss. Das die Gesellschaft dabei nicht nur ideologisch, sondern auch sozial gespalten wird, ist den Politikern offensichtlich egal.

Ich denke ich muss gar nicht weiter in Details gehen.
Jeder sollte eigentlich bei genauer Betrachtung erkennen, wie oft wir eine "Heilslehre" präsentiert bekommen, der sich jeder anschließen muss, ansonsten wird man gesellschaftlich geächtet.
Andererseits rate ich gleichzeitig zur Vorsicht, denn die "Heilslehre" muss ja nicht vollkommen falsch sein (Bsp. Klimaveränderung). Es muss alles an erkennbaren, messbaren Tatsachen und Vernunft ausgerichtet sein.
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Grüne Flora • 20.04.2023
@Conny und @Hans:

Ich finde Eure Aussagen etwas she allgemein. Geht es auch konkreter?
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Hans Falkenau • 20.04.2023
Hier nun meine Ausführungen:

1. Natürlich hinken historische Vergleiche immer, weil sich die Bedingungen, unter denen Politik stattfindet, stets verändern. Aber es gibt sehr wohl ähnliche Handlungsmuster.

In diesem Sinne lassen sich manche Ereignisse von heute durchaus mit Vorgängen der Vergangenheit vergleichen. Allen voran das Bestreben, nicht die eigenen politischen Vorstellungen an der Wirklichkeit auszurichten, sondern vielmehr die Wirklichkeit an der eigenen Ideologie auszurichten.

2. Damit einher geht die wieder zunehmende Nicht-Bereitschaft, alternative Lösungswege für ein Problem zu akzeptieren. Was ja letztlich auch logisch ist: Wo die fie Ideologie im Vordergrund steht, kommt alles andere an hinterher.

3. Und der dritte Punkt ist da fast schon logisch. Wo Ideologie an erster Stelle steht, ist nicht nur die passive Zustimmung gefragt, sondern auch und gerade die vermeintlich freiwilligere.
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Conny • 20.04.2023
Dein Anmerkungen, dass eine Ideologie keine Alternativen zulässt, finde ich passend und ich sehe das in unserer Gegenwart und jüngsten Vergangenheit ebenso. Zwei konkrete Beispiele:
1) die Corona-Maske. Ich hatte bereits erwähnt, dass ich früher im medizinischen Kontext auch Masken getragen habe, also mit der Notwendigkeit vertraut bin. Ich spreche jetzt vor allem von widersinnigen Maskenregeln, die von vielen Menschen nur aus Gruppenzwang erfüllt wurden, um a) nicht bestraft, b) nicht denunziiert, c) nicht als Kritiker oder schlimmeres öffentlich sichtbar in Erscheinung zu treten.
2) das Gendern in Texten. Vielen Menschen die ich kenne, ist es zuwider. Und zwar aus keinem der Gründe, aus denen es angeblich unerlässig ist und eingeführt werden soll. Es hat vielmehr etwas mit Sprachästhetik und Pragmatismus zutun. Aber mittlerweile sind wir in manchen Bereichen unserer Gesellschaft schon wieder an dem Punkt, an dem man sich mit einer normalen Sprache, die den immer noch gültigen Sprachregeln entspricht, bereits in eine Kritikerposition begibt. Diejenigen, die das nicht wollen, fangen an herumzueiern und alle möglichen Vermeidungsstrategien beim texten anzwenden. Man nennt das dann auch verniedlichend "cleveres Gendern".
Beiden Beispielen gemeinsam ist, dass ein bis vor kurzem noch normales Verhalten jetzt die sich weiterhin normal Verhaltenden als Zweifler/Kritiker/Widerständler für alle sichtbar markiert.
Das Verrückte beim Beispiel Gendern ist, dass der hörbare oder geistige Schluckauf, der bestimmte Gruppen in positivem Sinne sichtbar/hörbar machen soll, durch dieses öffentliche Erzwingen nicht das eigentliche Anliegen ins Bewußtsein rückt, sondern den Zwang sich bekennen zu müssen aufstoßen lässt.
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Hans Falkenau • 21.04.2023
Ich finde auch, dass die Masken aus diesem Kontext herausgenommen werden sollten. Ich habe keine Studien dazu direkt gelesen, sondern nur Artikel über Studien, aber ich fand sowohl die Aussagen überzeugend, dass sie etwas bewirken, als auch manch Kritik, dass sie nichts bewirken.

Da Corona durch Niesen etc. übertragen wird, spricht meines Erachtens alles dafür, dass eine Maske auch Auswirkungen auf die Ausbreitung des Virus hat. Nicht ohne Grund gibt es seit Generationen in den verschiedenen Einrichtungen des Gesundheitswesens eine Maskenpflicht.
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Hans Falkenau • 21.04.2023
PS: Aber ansonsten teile ich Deine Ansichten dazu, dass Heilslehren immer auch einen starken Druck zur Konformität erzeugen, bzw. dazu missbraucht werden können, einen Konformitätsdruck zu erzeugen.
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Mahdi • 21.04.2023
Deine 2 Beispiele sind gut erläutert und ich kann Dir absolut zustimmen.

Bei den Masken habe ich nicht bezweifelt, dass sie einen Zweck erfüllen können (denn warum sonst werden sie im med. Bereich benutzt), aber wenn sie falsch benutzt werden, was bei den meisten Leuten der Fall war, dann kann man es auch gleich lassen.

Das Gendern ist nicht nur eine Verunstaltung der deutschen Sprache und grausam anzuhören, sondern erfüllt in keinster Weise einen Sinn. Du hast es, wie erwähnt, sehr gut dargelegt.
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Hans Falkenau • 20.04.2023
Das klingt nach einer spannenden Debatte! Werde mir aber erst in Ruhe den Text durchlesen, bevor ich mich dazu äußere.
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