Kommentare (8)

Conny • 26.01.2023
Anfang der 2000der Jahre gab es mal eine große Anstrengungswelle von Seiten der Künste (Musik und Tanz) mittels gemeinsamer Projekte Kinder und Jugendliche aus ihrer isolierten und miserablen sozialen Situation herauszuholen und sie gemeinsam (damals sowieso noch analog) an einem Projekt mitzuwirken zu lassen. Das hieß "Rhythm is it" und wurde von Simon Rattle geleitet. Was ich damit andeuten will ist folgendes: das eine sind Verbote oder Regullierungen eines digitalen Suchtverhaltens - das andere ist der Aufbau und das intensive Bewerben von sinnstiftenden und Gemeinschaftsgefühl erzeugenden Aktivitäten.
Ich habe viel mit Kindern/Jugendlichen zutun. Diejenigen, die am fröhlichsten und sozial kompetentesten sind, investieren viele Stunden ihrer Zeit entweder in Gemeinschaftssport, Musik, Tanz, Gruppenarbeit mit anderen Kindern über Vereine, Kirche, Pfadfinder, Naturschutz etc.
Alle diese Aktionen wurden zwischen in der Corona-Krise massiv attackiert: sie wurden nicht nur verhindert, sondern auch durch Auslaugen der zahlreichen ehrenamtlich Tätigen durch hirnrissige sinnfreie Überregulierungen teilweise sogar zerstört. Kinder, die sich bereits vor Corona in schwierigen Situationen befanden, deren einziger Halt solche Aktivitäten waren, die sie vom weiteren Hineinsinken in depressive Verstimmungen bewahrte, wurden spätestens im 2. Lockdown über die Klippe gestoßen.
Der Durst der Kinder nach gemeinsamen Aktivitäten nimmt jetzt wieder spürbar zu. Laßt uns jetzt verstärkt Anstrengungen unternehmen, unser arg angeschlagenes Gemeinwesen wieder in Schuss zu bringen. Erschwingliche und ortsnahe Angebote schaffen, zeitliche Freiräume ermöglichen und -- auch als Erwachsene mit gutem Beispiel vorangehen. Die Zeit, die ich in sportlicher, musischer oder sozialer Aktivität mit meinen Mitmenschen verbringe, habe ich schon mal nicht allein vor dem Bildschirm verbracht.
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René Nehring • 26.01.2023
Hallo Conny, das sind wichtige Anregungen! Ich halte auch nichts von Verboten und auch nichts von einer Verteufelung des digitalen Wandels. Wahrscheinlich gibt es in den Industrieländern keinen Arbeitsplatz mehr, bei dem die Digitalisieurng nicht auf irgendweine zu Vereinfachungen der Arbeitsprozesse geführt hat. Wichtig ist die Balance aus digitaler Kompetenz und klassischer Bildung!
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Marcus Izac • 26.01.2023
Zwar alleine aber doch in Gesellschaft trifft es ganz gut. Umgekehrt (in Gesellschaft aber doch allein) geht das mit und ging das vor dem Internet allerdings auch.

Ich kann Ihre Punkte in Bezug auf soziale Interaktionen durchaus nachvollziehen. „Digital-Native“ ist auch ein durchaus dehnbarer Begriff und durch die inzwischen vorhandene allgemeine Gesellschaftsfähigkeit des Internets verschwimmt das Ganze auch immer mehr. Die Extreme (Leute, die das Internet komplett meiden und Leute, die mehr oder weniger ausschließlich darin leben) wird es aber wohl immer geben.
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Conny • 26.01.2023
Hallo Marcus, klar dass man mit generalisierten Aussagen, wie zum Beispiel in solch einem kurzen Kommentar nicht der Komplexität des Themas gerecht wird.
Es gibt selbstverständlich immer Menschen, die sich lieber alleine mit irgendwas beschäftigen, als in Gesellschaft.
Ich bin kein Digital-Native. Insofern weiss ich, was Menschen mit oben beschriebener Neigung vor dem digitalen Zeitalter ihre Freizeit verbracht haben. Das waren dann eher einsamere Tätigkeiten - und ich meine das nicht abwertend. Wenn man, aus welchen Gründen auch immer, sich nicht gerne in Gesellschaft begibt, dann ist wahrscheinlich das Internet eine sehr gute Möglichkeit, zwar alleine aber doch in Gesellschaft zu sein.
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Marcus Izac • 26.01.2023
Ich weiß nicht, ob der Begriff „Lanze brechen“ hier passend ist, aber vor dem Bildschirm sitzt man nicht zwangsläufig alleine. Ich habe auch durchaus im Netz Gruppen gefunden, in denen dann ein gewisses Zugehörigkeitsgefühl herrschte. Oft treffen sich diese Gruppen dann auch irgendwann und unternehmen etwas.

Klar ist es etwas anderes, ob man sich zu einem Gesellschaftsspiel trifft oder das, im übertragenen Sinne, online abhält. Die Realität ist aber wieder einmal vielfältiger als das einsam vor sich hin scrollende Kind vorm Bildschirm. Diese fernen Bekanntschaften und Interaktionen über das Netz sind aber tatsächlich nicht mit direkten Treffen gleichzusetzen.

Diese Menschen bekommt man oft aber eben eher weniger mit Sport, Musik und Tanz. Eine Möglichkeit wären halt eben entsprechende Online-Angebote. Beispielsweise Gilden und Clans, die nicht von irgendjemanden hobbymäßig in der Freizeit geführt werden müssen, denen dann häufig auch noch das nötige Handwerkszeug fehlt, eine Gruppe (auch zwischenmenschlich) zu verwalten und zu leiten.

An der Online-Welt ist, aus meiner Sicht, nichts schlechter oder besser als an irgendwelchen Vereinsveranstaltungen. Es wird halt nur selten bis nie so gelebt, weswegen sich halt viel in losen Gruppen abspielt, die auch oft von gleichaltrigen geleitet werden… oder sie versuchen es zumindest. Das da einiges außer Kontrolle gerät ist schon vorprogrammiert.
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Marcus Izac • 26.01.2023
Schade, dass gerade solche Artikel immer hinter der Bezahlschranke bleiben.

Wird mal wieder ein halber Roman, sorry… TL;DR: Verbote werden nicht helfen, Lehrer hängen hier oft hinterher, das Bildugnssystem sowieso.

Generell gab es diese Diskussion schon vor einiger Zeit auf einem der amerikanischen Kanäle, die ich verfolge; daher nicht völlig neu. Ich nehme an, die Mechanik des endlos scrollbaren Stroms an Posts war auch ein Punkt?

Generell trifft das aber, wie auch angemerkt, alle Formen von „social“ Media und fängt m.E. schon in Foren an. Auch dort kann man sich ziemlich verlieren, sie sind heute nur auf vielen Ebenen längst überholt.

Man könnte nun meinen, das sei der Preis der Freiheit. In China wird die Nutzung durch die Regierung beschränkt. Oben drauf kommen noch viele andere Beschränkungen, wenn Du nicht spurst („social credits“). Wir hingegen müssen Wege finden, das gesellschaftlich zu steuern. Ein verbot von TikTok wird es nicht sein, obwohl der Inhalt, der sich mir dann mal per Link vor die Augen spült schon hart am Schwachsinn grenzt.

Die Frage für mich ist eben, warum sinkt denn die Leistung der Schule mit der Höhe der Investitionen? Ist es vielleicht einfach eher die Umsetzung und die Nutzung an den Schulen? Vieles der 8 Stunden Bildschirmzeit wird ohnehin auf Mobilgeräte entfallen. Schulen zur IT-freien Zone zu erklären wird also nicht helfen, wenn man sie nicht gleichzeitig zur Mobilfunk freien Zone erklärt und technische Vorkehrungen trifft.

Die Schulgeräte und das Netzwerk hingegen werden doch (hoffentlich) entsprechend ihrem Verwendungszweck konfiguriert (Filter und Beschränkungen).

Ich denke vieles läuft hier wieder auf die Kompetenz, auch der Lehrer, hinaus. Wieder an meine Zeit zurückerinnert war es für viele schon eine Leistung, wenn sie den Rechner eingeschaltet und den Browser gestartet bekommen haben. Selbst bei den damals noch gängigen Videorekordern und DVD-Playern musste oft jemand zur Hand gehen. Was da alles so im Internet passiert oder möglich war, fand in deren Welt überhaupt nicht statt.

Daher gehe ich davon aus, dass sie heute auch überhaupt nicht begreifen, was da überhaupt alles genau vor sich geht, was die Kinder so treiben und aus welcher Motivation heraus. Das müssten sie aber eigentlich um den Kindern die Mechanismen, mit denen dich Social Media vor dem Bildschirm hält, erklären bzw. anschaulich deren Folgen aufzeigen können.

Ob das durchdringt, sei einmal dahingestellt…
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René Nehring • 26.01.2023
@ Marcus Izac:
"Die Frage für mich ist eben, warum sinkt denn die Leistung der Schule mit der Höhe der Investitionen?" - dies ist eine extrem wichtige Beobachtung! In den letzten Jahren ist unheimlich viel Geld in die Digitalisierung der Schulen geflossen, doch was hat es gebracht? Seitdem in den neunziger Jahren Poltiker und Wirtschaftsvertreter gefordert haben, daß die klassische Bildung zugunsten von modernen "Skills" zu vernachlässigen sei, ist der Bildungsstandard in unserem Land stetig gesunken.
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Marie Stüdemann • 26.01.2023
Hier ein sehr nachdenklich stimmendes Interview über die Wirkung der sozialen Medien auf die Kinder. Der Text steht leider hinter einer Bezahlschranke. Eine wichtige Aussage ist: „ Die chinesische Regierung begrenzt den Gebrauch von TikTok, dort unter dem Namen Douyin, auf 40 Minuten pro Tag, und auch die Zeit für Videospiele für Jugendliche wurde drastisch reduziert. Unsere europäischen Kinder sitzen dagegen sieben bis acht Stunden pro Tag vor den Bildschirmen.“ Und zur Digitalisierung der Bildung heißt es: „Da wird uns gegen alle Vernunft erklärt, dass man unbedingt und massiv darin investieren müsse – obwohl zahlreiche Studien beweisen, dass die Leistungen in der Schule mit der Höhe der Investitionen in die Digitalisierung sinken.“
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