Anmoderation von Grüne Flora:
Findet Ihr es angemessen, dass ausgerechnet in einer sehr dynamischen Zeit wie unserer zwei fast achtzigjährige Männer um das wichtigste Amt des Westens kandidieren?
Rene Nehring hat recht gut analysiert, warum in den USA fast immer nur "alte, weiße Männer" US Präsidenten werden.
Hinzu kommt, dass die Mehrheit der Bürger (einschließlich der Schwarzen und Latinos) eher konservativ eingestellt sind und ein nicht unerheblicher Teil der weißen Bevölkerung rassistisches Gedankengut in sich trägt.
Das weltweit die meisten Präsidenten, Ministerpräsidenten und Kanzler und allgemein Politiker Männer sind, hat aber auch etwas damit zu tun, dass Männer im Durchschnitt beim politischen Angagement mehr nach Macht streben als Frauen.
@Mahdi. Zum letzten Abschnitt: Ich hatte das Buch von Susan Pinter (Das Geschlechterparadox) schon erwähnt. Hier wird anhand von zahlreichen Studien herausgearbeitet, warum Frauen auch bei sehr guter Förderung höchste Ämter weniger anstreben oder wieder aufgeben.
Das Opfer sich völlig einseitig in einen verschleißenden Über-Vollzeit-Job zu werfen und riesige Abstriche an der Familie und den Sozialkontakten zu machen, sind im Schnitt viel weniger Frauen bereit zu bringen.
Also was du als "nicht nach Macht streben" nennst, könnte man auch bezeichnen als, "die Machtposition würde mich nicht für das Opfer meiner Sozialkontakte entschädigen".
Ein interessanter Aspekt bei den Untersuchungen war auch, dass dieses fast autistische Hineingraben in ein alles konsumierendes Spezialgebiet im Schnitt mehr beim männlichen Geschlecht vorkommt. Die Frauen haben im Schnitt viel mehr Themen und Gebiete, die sie gleichzeitig bespielen. Ausnahmen gibt es natürlich in beide Richtungen.
Zum einen in der Tat, daß - wie es Marie schrieb - in beiden großen US-Parteien die aussichtsreichen Kandidaten (fast) alle über siebzig Jahre alt waren.
Zum anderen, daß im US-System nur Kandidaten Erfolg haben können, die entweder sehr reich sind oder - wie Obama - die Unterstützung sehr reicher Leute haben. Einen Weg wie in Europa, in dem sich auch kleine Leute ganz nach oben dienen können, gibt es dort praktisch nicht.
Der zweite Punkt ist möglicherweise die Erklärung für den ersten.
Beides zusammen spricht nicht nur für eine geringe Durchlässigkeit, sondern auch für eine strukturelle Unfähigkeit zur Selbsterneuerung.
Gute Frage! Ich habe mich schon vor vier Jahren gefragt, was es zu bedeuten hat, dass schon bei den Vorwahlen (außer Kamala Harris) lauter Kandidaten antraten, die einiges über 70 waren. Jetzt sind sie alle nochmal vier Jahre älter.
Es geht ja nicht nur um das Alter, sondern auch um das Geschlecht und die Hautfarbe. Mehr als die Hälfte der amerikanischen Bevölkerung ist weiblich (aktuell 50,6%). Und grade mal 57% der Einwohner sind "Weiße". Trotzdem gab es noch keine Frau als Präsidentin und erst einen nicht "weißen" Präsidenten. Das ist für ein Land wie die USA mehr als peinlich. Sie reden immer von Fortschritt und allem, aber eigentlich sind sie was die gesellschaftliche Entwicklung angeht irgendwo stehengeblieben, kurz nachdem die Gleichberechtigung auf dem Papier eingeführt wurde. Dieses Land steckt so dermaßen fest, das kann man kaum in Wort fassen. Und wenn man sich anschaut, wer jetzt kandidiert, dann sieht man, dass sich das auch so schnell nicht ändern wird.
Kann man so sehen, muss man aber nicht. Fakt ist doch, dass die Amis eine knallharte Vorauslese haben, bei der die Anhänger der beiden großen Parteien entscheiden, welchen Kandidaten sie für am aussichtsreichsten halten.
Man muss allerdings bedenken, dass Trump noch nicht nominiert ist. Biden als amtierender Präsident dürfte wie üblich keinen Gegenkandidaten haben.
Was hat das mit Patriarchat zu tun? Beim vorletzten Mal hatten die Demokraten Hillary Clinton als Kandidatin aufgestellt, die die volle Unterstützung des medialen Establishments hatte. Praktisch alle Sender, Zeitungen und Online-Portale wollten nach der Geschichte vom ersten schwarzen Präsidenten nun die Geschichte von der ersten Frau im Weißen Haus. Doch die Wähler wollten nicht sie, sondern den Bösewicht Trump, den fast alle verteufelten. Das Ganze nennt man Demokratie, nicht Patriarchat.
Ich kenne einige Amerikaner, die ALLE für Trump gestimmt hatten und einige von ihnen hatten ihn nur gewählt, weil sie auf keinen Fall Clinton wollten.
Selbstverständlich sind diese Personen nicht repräsentativ für das Volk, aber es zeigt mir, dass es eine große Abneigung gegen Clinton gab /gibt und zwar nicht, weil sie eine Frau ist, sondern aus anderen Gründen.
Die Amerikaner wissen, wie ihr Wahlsystem funktioniert. Es ist nicht "seltsam" vom Himmel gefallen und alle waren überrascht. Sie haben es so für sich konstruiert.
Das bestreite ich garnicht. Hat schon alles so seine Richtigkeit. Die kommen damit klar und dann ist gut. Ich finde es trotzdem fragwürdig. Es ging nur um die Aussage, die Wähler hätten entschieden. Denn es hat ja offensichtlich die Mehrheit der Wähler gegen Trump entschieden.
Die Mehrheit, die du als Mehrheit benennst, ist eben in diesem System keine Mehrheit. Das zweite Mal war es dann ähnlich knapp - aber anders herum. Aber dann geht's wohl klar, oder?
Mein Punkt war eher: wenn Clinton an Trumps Stelle aufgrund des Systems und ohne die Mehrheit, die du aus deutscher Sicht wünschst gewonnen hätte, hättest du dich nicht beklagt, sondern gesagt: das ist halt das System. Pech für Trump.
Findet Ihr es angemessen, dass ausgerechnet in einer sehr dynamischen Zeit wie unserer zwei fast achtzigjährige Männer um das wichtigste Amt des Westens kandidieren?